Billig, billiger und auch noch fair? Verkehrte Welt im Schokoladenland! Sie wollen faire Schokolade unter menschenwürdigen Bedingungen produziert und ohne Kinderarbeit? Dann versuchen Sie es doch mal mit Billigschokolade! So verrückt dies auch klingt: Nahezu alle Billighausmarken des Einzelhandels (ALDI, PENNY, NETTO, LIDL) beziehen mittlerweile 100 % zertifizierten und extern kontrollierten Kakao, der sicherstellen soll, dass darin keine Kinderarbeit enthalten ist. Garant hierfür sollen die Siegel von UTZ-Certified und Rainforest Alliance sein.
Extern zertifizierte und kontrollierte Schokolade muss man bei den großen Markenhersteller jedoch mit der Lupe suchen. Trotz höherer Verkaufspreise und damit verbundenen größeren Gewinnen, schaffen es Ferrero, Milka (Kraft) und Nestlé bisher nicht mit dem extern zertifizierten Angebot der günstigen Hersteller gleichzuziehen.
Einzig die Firma Mars hat nach unseren Recherchen mit seinem Balisto-Riegel den Anfang gemacht und einen wirklichen Massenriegel mit 100% zertifizierten und extern durch UTZ-Certified kontrollierten Kakao auf den Markt gebracht.
“Es ist eine Frage des Wollens”, so Friedel Hütz-Adams, Kakao-Experte vom entwicklungspolitischen Institut Südwind in einem Interview mit uns. “Man muss halt als Hersteller bereit sein, etwas mehr für den Kakao zu zahlen – auch wenn die Preissteigerung mit einem Cent pro Tafel Vollmilchschokolade sehr gering ausfällt”.
Problem der Markenhersteller ist außerdem der große Schokoladen-Bedarf, den die Marken-Globalplayer haben – nicht zu vergleichen mit den relativ geringen benötigten Kakao-Mengen der No-name-Hersteller. Solche Mengen zertifizierter Kakao lassen sich natürlich nicht von heute auf morgen organisieren, bedarf es hierzu doch aufwändigen Schulungen der Bauern und Umstellungen der Lieferketten in Afrika. Dennoch ist das sehr zögerliche Vorgehen der Markenhersteller in diesem Bereich alles andere als beispielhaft.
Greifen Sie also mit gutem Gewissen zu Weihnachten zu den altbekannten FAIRTRADE-Produkten, die Vorreiter und Vorbilder der fairen und menschenwürdig produzierten Lebensmittel sind. Vielleicht versuchen Sie’s auch mal mit den günstigen No-Name-Schokoladen, deren Label „UTZ-Certified“ und „Rainforest Aliance“ in Fachkreisen als „gute Sache“ und „ein Schritt in die richtige Richtung“ gelten.
ich fänds super, wenn ihr die schokoladen die okay sind, mal auflisten könntet. so ganz gut bescheid weiß ich nämlich nicht, welches die eigenmarken der discounter sind
bisher kenne ich nur schokolade mit GEPA-siegel
Vielen Dank für die Anregung :) Als Richtlinie kann man sagen, dass nach unseren Recherchen und Gesprächen mit für den fairen Handel engagierten Fachleuten wie Friedel Hütz-Adams, neben dem (u.a. durch die GEPA) bekannten FairTrade-Siegel (siehe https://bit.ly/lyIyls), auch die Siegel von UTZ-Certified (siehe https://bit.ly/12euqi4) und Rainforest Aliance (siehe https://bit.ly/TKyvoM) ernst zu nehmende externe Zertifizierungen sein sollen.
By the way: Gerade aus diesem uns inzwischen bekannten Hintergrund, ist uns das mauernde Verhalten LIDL’s auf unsere Anfragen zum Beispiel ein absolutes Rätsel (siehe Blog).
Konkret findet sich das UTZ-Certified-Logo z.B. auf den günstigen 39-59-cent-Schokoladenprodukten von Choceur, Aldi Süd (https://bit.ly/TO2zT3), der Billig-Marke Fin Carré bei LIDL (https://bit.ly/SHst9V), sowie den jetzt gerade nicht per Markennamen bekannten Billigschokoladen von Penny (https://bit.ly/TMd1vh) und der Netto -Billigmarke “Goutier” (siehe https://bit.ly/Vw20KE). Das Siegel wird sicherlich auch noch auf mehr No-Name-Produkten zu finden sein, einfach mal die Augen offen halten im Supermarkt.
Was Markenware angeht, ist uns bislang ausschließlich die Firma “Mars” mit ihrem Riegel “Balisto” bekannt (siehe https://bit.ly/Um62Vb) – hier ist der relativ geringe Kakaoanteil ebenfalls 100% UTZ-Zertifiziert.
laut ökotest ist rainforest alliance und utz allerdings nicht viel wert:
„Nicht überzeugen konnten Kaffees mit den Labeln Rainforest Alliance Certified und UTZ Certified. Beide machen zwar Vorgaben für soziale und ökologische Kriterien, die zum Teil über gesetzliche Mindestanforderungen hinausgehen. Sie garantieren aber keine Mindestpreise und die Vorfinanzierung ist nicht Teil der Vergabebedingungen. “
https://www.locally.de/nachricht/24597/fairer-handel-vorsicht-vor-unfairen-geschaeften-tipps-von-oeko-test
ging zwar um kaffee, aber bei kakao dürfte das nicht anders sein.
Hallo Mausflaus,
vielen Dank für die Kritik!
Uns ist der Bericht der Zeitschrift Öko-Test und die damit verbundene Kritik auch bereits begegnet – konkret war er Thema bei einer Podiumsdiskussion zum Thema in Wesel.
Unseren Informationen nach liegt das Problem bei diesem Bericht darin, dass Ökotest sich lediglich zwei Aspekte der gesamten Zertifizierungs-Grundlagen für ihre Bewertung herausgegriffen und diese miteinander verglichen hat, konkret die Punkte Sonder-/Vorauszahlung und der Mindest-Preis. In diesen kommt es zu Unterschieden zwischen den Labeln Fairtrade, UTZ-Certified und Rainforest Aliance, während die restlichen 80% der Zerttifizierungs-Grundlagen bei allen drei Labeln übereinstimmen.
Aus diesem Grund können wir nach all unseren (gerade anfangs was diese Labels angeht SEHR kritischen) Recherchen nur sagen, dass auch die Label Utz-Certified und Rainforest Aliance offenbar ernst zu nehmende Zertifizierungen mit gutem Ansatz sind, die zu etwa 80% mit den etablierten Grundlagen von Fairtrade übereinstimmen, aber in den oben genannten beiden Punkten der Preisgestaltung und Vorauszahlungen andere Konzepte verfolgen: Optimierung der Anbaubedingungen, Schulungen der Bauern, Steigerung der Erträge durch Professionalisierung, Ausbau der Infrastruktur, Optimierung der Lieferprozesse etc. Nach unseren bisherigen Recherchen werden hierdurch ebenfalls deutliche Verbesserung der Ertrags- und Lebenssituationen der Kakaobauern bewirkt – was letztlich zu einer deutlichen Reduzierung der Kinderarbeit führt (was in unserem Projekt ja unser Haupt-Anliegen ist).
Laut der Reportage „Schmutze Schokolade 2“ sind auch auf Plantagen der UTZ-certified und rainforrest alliance zahlreiche Kinderarbeiter gefunden worden. Ich halte beide Siegel für nicht ernstzunehmende Augenwischerei.
Mich würde daher interessieren woher Ihre Meinung stammt, diese Siegel seien seriös? Vielleicht sind mir nicht alle Aspekte der Siegel bekannt?
In Ihrem Schreiben an LIDL stellen Sie „Milka“ aus positives Beispiel dar. Woher stammt diese Erkenntnis? Produziert Milka wirklich mit Kinderarbeitfreiem Kakao? Außer fairtrade-Produkten würde ich Stand heute jeder anderen Schokolade misstrauen..
Hallo Stefan,
vielen Dank für Dein Feedback.
Unserer Recherche nach, wurden in „Schmutzige Schokolade 2“ lediglich einige wenige negative Einzelfälle heraus gepickt und dargestellt. Eine objektive, breiter angelegte Bestandsaufnahme stellt dieser Film (im Gegensatz zum 1. Teil) offenbar nicht dar. Miki Mistrati selber bestreitet diese Vorwürfe auch gar nicht, sondern sagt dazu „so funktioniert eben Journalismus“.
Auch die Situation das die gezeigten Aufnahmen wenige Monate nach Ende des Bürgerkrieges in der Elfenbeinküste gedreht wurden, zu einem Zeitpunkt zu dem die ausländischen Hilfsorganisationen und Zertifizierer gerade erst wieder in das Land eingereist waren und ihre Arbeit wieder aufgenommen hatten, spricht nicht wirklich für eine objektive Bestandsaufnahme der Situation vor Ort und erklärt möglicherweise auch die angefangenen, aber nie beendeten Hilfsprojekte wie die in dem Film gezeigte Schul-Ruine.
Genaueres zu „Schmutzige Schokolade 2“ (auch das genannte Zitat von Miki Mistrati) findest Du hier in unserer „Kritik zum Film “ https://bit.ly/VM8EfX.
All unsere Recherchen ergaben (trotz unserer ähnlich kritischen Grundhaltung wie Deine aktuell), dass die Label UTZ-Certified und Rainforest Alliance ernt zu nehmende Bemühungen der Verbesserungen der Lebenssituation der Kakaobauern in Afrika darstellen. Auch wenn große Studien derzeit noch fehlen, stellte z.B. die Schweizer COSA-Studie eine deutliche Verbesserung der Situation der Kakaobauern und der Kinderarbeit auf den UTZ-Certified-Plantagen fest.
Auf Einbeziehung eben solcher Studien, Evaluationen etc. verzichtet Miki Mistrati in dem 2. Film – er begnügt sich mit sehr, sehr wenigen Einzelfällen. Diese wären unserer Meinung nach jedoch notwendig, um einen objektiven und TATSÄCHLICHEN Eindruck der aktuellen Verhältnisse vor Ort bekommen zu können.
Uns ist klar, dass es sich bei den Verbesserungen vor Ort um einen Prozess handelt, der bei keinem der drei Label von heute auf morgen zur Beseitigung aller Missstände führen wird, aber offenbar in allen drei Fällen Stück für Stück etwas bewegt und verändert. Diese positive und ernst zu nehmende Entwicklung im Falle von UTZ und Rainforest wurde uns in Gesprächen und Interviews auch vom Südwind-Institut bestätigt (die nicht im Verdacht stehen an Greenwashing etc. interessiert zu sein) – wenngleich auch hier bemängelt wird, dass aktuell noch zu wenig Studien und Evaluierungen vorliegen um detaillierte Aussagen treffen zu können.
Unsere bisherigen Recherchen zu UTZ und Rainforest könnten wir also so zusammenfassen: Es gibt auf den Plantagen der beiden Siegel deutliche Verbesserungen und eine deutliche Reduzierung der Kinderarbeit, allerdings ist diese Entwicklung eben eine Entwicklung, es muss noch viel getan werden. Dennoch ist den Labels ihr Engagement unseren Recherchen nach nicht abzusprechen und es gibt aktuell keine uns vorliegende Erkenntnisse, dass es sich hierbei um Greenwashing-Labels handelt.
Bezüglich Milka: Uns wäre neu, dass wir Milka als ein Positives Beispiel aufgeführt hätten?! Auch bei einer kurz über die Seitensuche durchgeführten Suche nach dem Begriff „Milka“, kommt dieser immer nur in negativem Kontext vor. Milka ist unserem Kenntnisstand nach keinesfalls ein positives Beispiel und Milka-Produkte stehen ebenso wie beinahe alle Marken-Schokoladenprodukte in Deutschland im starken Verdacht, auch auf Kakao aus Kinderarbeit zurück zu greifen.
…da muss ich Stefan Recht geben. Es ist doch komisch, dass sich die Preise im Laden für die sogenannten UTZ-Produkte nicht gravierend erhöht haben. Alles Lügen an den Verbraucher. Auch bei Fairtrade würde mich mal interessieren, wer wo wieviel mitverdient? Ich kann mir vorstellen, dass die Gewinnmarge bei diesen Produkten noch höher ist, wie bei normalen Produkten. Muss sich ja lohnen für den Handel, wenn der Verbraucher für Nächstenliebe z.B. 30 % Aufschlag zahlt. Gier ist das Übel der Welt
Nun, wenn man weiß dass in einer Tafel Schokolade sowieso nur für 6 Cent Kakao enthalten ist, die Umstellung auf zertifizierte Ware gerade mal mit 1 Cent zu Buche schlägt, dann erscheinen die „nicht gravierenden“ Preiserhöhungen sehr nachvollziehbar. Auf den Rohstoff Kakao bezogen (und dafür dient die Preiserhöhung ja), ist 1 Cent eine Preiserhöhung von 16,6%! Bei vielen Produkten die lediglich mit geringen Schokladen-Anteilen arbeiten (z.B. Balisto) ist der Kakao-Anteil noch ERHEBLICH geringer, so dass hier eine 1 Cent Preiserhöhung die Zertifierzungskosten mehr als deckt.
Die Realität sieht mal wieder anders aus!
Eine schlechte Werbemasche mehr nicht…
Es werden weiterhin Kinder, für die Ernte, verschleppt.
Kein Arbeitsschutz. Versprechen werden nicht eingehalten und trotzdem darf Werbung damit gemacht werden. Echt traurig…
Ein deutscher Reporter hat sich mal nach Afrika begeben und hat erfolglos versucht ein Projekt zu finden das wirklich umgesetzt wurde. Halb gebaute Schulen usw…
Wir als Kónsumenten haben nicht einmal wirklich die Wahl.
Es ist wie zwischen Pest und Cholera zu wählen.
Einzig der Boykott entsprechender Produkte bleibt.
Hallo an PROPAGANDA :-)
Nun, Boykott, also keine Schokolade mehr zu kaufen, wäre keine gute Lösung. Die Kakaobauern und ihre Kinder haben nichts davon, wenn ihnen weniger Kakao abgenommen wird.
Bei Schokofair wird zum Beispiel ein Boykotttag oder eine Boykottwoche in ganz Deutschland überlegt. Dies müsste allerdings gut vorbereitet sein und von möglichst vielen Initiativen getragen werden. Könnte mir vorstellen, dass dies zu Weihnachten auch von den Medien mehr aufgegriffen wird und mehr Druck auf Wirtschaft und Politik bewirken kann.
Gerade bin ich beim Aldi Schoko Knusper Riegel über das UTZ Siegel gestolpert. Hab mich jetzt im Internet mal etwas darüber informiert. Ich Frage mich wirklich ob man überhaupt noch irgendetwas essen kann? Was denkt Ihr? Die Gier siegt über alles, beim Menschen. Meint Ihr ob sich in den kommenden Jahren wirklich etwas ändert. Ich trinke zwar keinen Kaffee, doch Schokolade esse Ich schon gerne. Was soll nur aus uns Menschen werden, Frage ich mich? Natürlich auch persönlich.